Dramaturgie
Die Dramaturgie ist die „Architektur der Handlung“(vgl. Stegemann - Lektionen 1. Dramaturgie.). Sie befasst sich damit wie sich Situationen und Handlungen in einer raum-zeitlichen Einheit (z.B. einem Theaterstück) aufbauen und zusammen eine Struktur bilden.
Der Konflikt eines Films entsteht zwischen dem Protagonisten und den anderen Akteuren. Analog dazu bilden Websites ihr Spannungspotenzial zwischen dir als Nutzer und den Inhalten aus.
Gleichzeitig entwickelt sich die Spannung aber auch zwischen dir und deinen eigenen Erwartungen.
Was wohl passiert, wenn du jetzt nach unten scrollst?
Es geht also um das Verhältnis von Wissen und Nicht-Wissen, das sich im Film darauf bezieht, was passiert und im Web darauf wie etwas passiert. Die eigentliche Spannung liegt nicht deiner Aktion, sondern in der Reaktion der Webseite, die dich in eine neue Situation überführt.
Ein großer Unterschied zwischen dem World Wide Web und dem Film liegt in der Interaktion. Wo du als Rezipient gegenüber filmischen Universen passiv einem linearen Ablauf folgst, bewegst du dich im Internet aktiv durch eine systemische Ansammlung von Hyperlinks im digitalen Raum.
Dementsprechend kann es passieren, dass du die Subseite eines Internetauftritts nicht über den Umweg der Landingpage, sondern direkt aufrufst. Schon deshalb muss eine Dramaturgie im Web anders funktionieren als im Film. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass ein Web-Auftritt von Anfang bis Ende verfolgt wird und somit ein übergreifender Spannungsbogen entsteht.
Stattdessen muss auf die Eigenheiten des Mediums eingegangen werden: Kleine, in sich schlüssige Spannungsbögen, die von dir, dem Protagonisten, im narrativen Raum erkundet und aufgesammelt werden.
Für dich reihen sich mehrere kurze lineare Teilstücke zu einer dramaturgischen Gesamt-Erfahrung aneinander und du entscheidest selbst wann du zu welchem Element navigierst.
Die Webseite ist also in ihrem Aufbau systemisch, doch die Erfahrungen des Nutzers bei ihrer Erkundung bleiben stets linear.